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Was ist Salutogenese?

Der Begriff Salutogenese klingt irgendwie kompliziert und kaum jemand kennt diesen. Er wird abgeleitet aus dem lateinischen salus “Gesundheit” und dem altgriechischen genese “Entstehung”. Der Begriff wurde von Aaron Antonovsky (1923-1994) einem israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen in den 1970er Jahren geprägt. Er stellt die Salutogenese als komplementären Begriff zur Pathogenese (pathos “Leiden”) und hat mit dem sense of coherence (SOC), das Kohärenzgefühl, ein Modell geschaffen, das Gesundheit nicht als fixen Zustand darstellt, sondern als Ziel eines komplexen Prozesses. 

Salutogenese vs. Pathogenese

Nach dem Konzept von Antonovsky bilden Krankheit und Gesundheit ein Kontinuum auf einer Achse. Auf einer Skala bezeichnet Krankheit alle Zustände, die “mehr krank als gesund” sind und Gesundheit bezeichnet alle Zustände die “mehr gesund als krank” sind. Daraus lässt sich ableiten, dass “nicht krank” sein etwas anderes ist, als “richtig gesund” sein. 

Salutogenese: Die 3 Säulen der Gesundheit

Welche Faktoren sind denn nun förderlich für die Gesundheit?
Dieser Frage ist Antonovsky bei seinen Forschungen nachgegangen. Dazu wertete er 1970 eine Erhebung über die Anpassungsfähigkeit von Frauen verschiedener ethnischen Gruppen an die Menopause aus. Eine Gruppe war 1939 zwischen 16 und 25 Jahre alt und hatte sich zu dieser Zeit in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager befunden. Ihr psychischer und physischer Gesundheitszustand wurde mit dem einer Kontrollgruppe verglichen. Der Anteil der in Ihrer Gesundheit nicht beeinträchtigten Frauen betrug in der Kontrollgruppe 51% im Vergleich zu 29% der KZ-Überlebenden. Nicht der Unterschied an sich, sondern die Tatsache, dass in der Gruppe der KZ-Überlebenden 29% der Frauen trotz der unvorstellbaren Qualen eines Lagerlebens mit anschließendem Flüchtlingsdasein als körperlich und psychisch “gesund” beurteilt wurden, war für Ihn ein unerwartetes Ergebnis. Diese Beobachtung führte Ihn zu der Frage, welche Eigenschaften und Ressourcen diesen Menschen geholfen hatten, unter den Bedingungen der KZ-Haft sowie in den Jahren danach Ihre Gesundheit wiederherzustellen. Daraus entwickelte Antonovsky die Salutogenese als ein Konzept der Entstehung von Gesundheit. Er postulierte die Existenz generalisierter Widerstandsressourcen, welche in Situationen aller Art zur Unterstützung der Bewältigung von Stressoren und das durch sie hervorgerufene Spannungserleben eingesetzt werden können. 
Das Kohärenzgefühl “Sense of Coherence (SOC)” ist ein zentraler Aspekt in der Salutogenese und beinhaltert drei Aspekte:
  • Die Fähigkeit, die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen – das Gefühl der Verstehbarkeit
  • Die Überzeugung, das eigene Leben gestalten zu können – das Gefühl der Handhabbarkeit oder Fähigkeit der Bewältigung
  • Das Gefühl von Bedeutsamkeit – Sinnhaftigkeit des Lebens

Das Kohärenzgefühl

Als Ergebnis seiner Studie stellte Antonovsky fest, dass die gesunden Teilnehmer über eine gewisse geistig-seelische Orientierung verfügen und einen Sinn für die Zusammenhänge entwickelt haben.
Das Kohärenzgefühl drückt aus, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass
  • die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind
  • einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen
  • diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen.
 
Heiner Keupp, ein deutscher Sozialpsychologe und emeritierter Professor, beschreibt die drei Komponenten von Antonovskys Kohärenzgefühl mit den Worten: “Kohärenz ist das Gefühl, dass es Zusammenhang und Sinn im Leben gibt, dass das Leben nicht einem unbeeinflussbaren Schicksal unterworfen ist. Der Zustand der Demoralisierung bildet den Gegenpol zum Kohärenzsinn”

Wichtige Fragen zum eigenen Kohärenzgefühl

Verständnis

  • Verstehe ich mich und mein Leben?
  • Verstehe ich meine Denkmuster und Glaubenssätze?
  • Erkenne und verstehe ich Zusammenhänge?
  • Kann ich mein Leben gut planen, strukturieren und überblicken?

Handhabbarkeit

  • Fühl ich mich meinen Herausforderungen gewachsen?
  • Kenne ich meine Grenzen?
  • Glaube ich, dass meine Handlungen Wirkung erzielen?
  • Kann ich die Konsequenzen meines Verhaltens und Handelns einschätzen?
  • Wer oder was beeinflusst mein Leben? Komme ich damit zurecht?

Sinnhaftigkeit

  • Was möchte ich im Leben erreichen?
  • Was ist mir wichtig?
  • Nach welchen Werten möchte ich leben?
  • Was treibt mich an?
  • Worauf möchte ich zurückblicken können, wenn ich alt bin?

Salutogenetische Orientierung

Eine salutogenetische Orientierung bedeutet eine Ausrichtung auf attraktive Gesundheitsziele und Erschließen bzw. Schaffen hilfreicher Ressourcen.
Die sieben Merkmale einer salutogenetischen Orientierung beinhalten, dass die Menschen
  1.  sich an Stimmigkeit, aufbauender Kohärenz (Verbundenheit) orientieren
  2. sich auf Gesundheit (attraktive Ziele, Vorstellungen) ausrichten
  3. sich auf Ressourcen ausrichten
  4. das Subjekt und Subjektive (Selbstwahrnehmung, subjektive Theorien, Eigenaktivität) wertschätzen
  5. Aufmerksamkeit für systemische Selbstorganisation und -regulation, dazu gehört auch Selbstheilungsvermögen, haben
  6. dynamisch sowohl prozess- als auch lösungsorientiert denken und auf Entwicklung achten
  7. mehrere Möglichkeiten einschließen 

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